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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

presseartikel2. 9. 2001 → Praktiker vs. Theoretiker
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Quelle: , , Kommentar

Miteinander reden. Praktiker vs. Theoretiker

http://www.rechtschreibreform.com/Perlen/KraftBank/KraftBank.pl?SunSep214:05:23PDT2001

Praktiker vs. Theoretiker 2.9.2001 Prof. Dr. Helmut Jochems
KOMMENTAR
Miteinander reden

Daß Prof. Kürschner sich auf den Webseiten der Reformkritiker zu Wort meldet, ist sehr zu begrüßen. Im Unterschied zur Mehrzahl der Reformbefürworter befleißigt er sich eines moderaten Tons und argumentiert mit Fakten. In der verfahrenen Angelegenheit Rechtschreibreform ist längst die Zeit vorbei, auf grundstürzende Änderungen in der einen oder der anderen Richtung zu hoffen. Irgendwann werden die Politiker wieder eine Entscheidung treffen, die angesichts des deplorablen Niedergangs dieser Kaste jedoch niemanden begeistern wird. Da sich Prof. Augst und sein arroganter Kreis der öffentlichen Auseinander­setzung entziehen, sollte man Prof. Kürschners Gesprächsangebot gern und ohne Hintergedanken annehmen.

Wahrscheinlich wird niemand an dem Grundsatz etwas auszusetzen haben, daß die Rechtschreibung einer Kultursprache zumindest für ihre gebildeten Benutzer ohne Schwierigkeiten handhabbar sein muß. Machen wir uns nichts vor: Das war weder vor 1996 der Fall, noch hat die Reform einen erkennbaren Wandel gebracht. Auf unerreichbare Höhen hinaufgeschraubt ist freilich das theoretische Niveau der fachlichen Rechtschreib­diskussion. Wer den neuesten Aufsatz von Dr. Gallmann liest, wird sich fragen, ob diese Esoterik wirklich einer Universalorthographie angemessen ist. Heute weiß man, daß es völlig falsch war, Universitätsgermanisten mit der Beseitigung von Fehlentwicklungen in der deutschen Rechtschreibung zu beauftragen. Ein Arbeitskreis aus tüchtigen Deutschlehrern, Korrektoren und Schreibpraktikern verschiedenster Art hätte das Problem in kürzester Zeit und zu jedermanns Zufriedenheit gelöst. Eine Rechtschreibreform haben die Kulturminister den drei Schreibvölkern ohnehin nicht beschert. Wer nicht an die wirklichen Probleme rühren will, sollte die Finger von „Tollpatsch“, „schnäuzen“ und „belämmert“ lassen.

Prof. Kürschner ruft nun auf, solidarisch mit der Schuljugend die neuen Schreibungen zu benutzen. Daß ein Deutschdidaktiker so spricht, ist verständlich, geht aber völlig am eigentlichen Problem vorbei: Ist es zu verantworten, daß mit den schlecht begründeten Veränderungen das gesamte deutsche Schrifttum von vor 1996 unbenutzbar wird? Ist es nicht ein unmöglicher Zustand, daß ich jetzt schon unsere sorgfältig ausgewählte und bewahrte Bibliothek an Jugendliteratur meinen Enkelkindern vorenthalten muß? 1996 war keine geistes­geschichtliche Wasserscheide, die auch im äußeren Erscheinungsbild der geschriebenen und gedruckten Texte zu markieren wäre. Es ist im Grunde absurd, daß ein von einer Handvoll ideologie­besessener Germanisten und völlig inkompetenter Kultusbürokraten eingefädelter Verwaltungsakt soviel geistige Energie bindet, die in anderen Zusammenhängen sehr viel sinnvoller einzusetzen wäre.